Radtour
17. - 19. Juni 2022
Schon mit dem Kauf meines Mountainbikes 2020 hatte ich den Wunsch, einmal eine mehrtägige Radtour mit Zelt zu unternehmen. Bisher hatte das allerdings keine hohe Priorität, und ich hatte mich zu lange nicht um die dafür notwendige Ausrüstung gekümmert.
Mittlerweile habe ich aber den notwendigen Gepäckträger besorgt (ich wollte nicht mehrere Tage mit schwerem Rucksack fahren), und auch selbst eine Fahrradtasche genäht. Damit stand einer ersten Tour nichts mehr im Weg, es musste nur noch eine Route und ein Zeitslot gefunden werden.
Beides ergab sich dann relativ spontan durch die Notwendigkeit, unseren Van aus Würzburg nach Braunschweig zu bringen, da wir in für eine Reise benötigen. Normalerweise würde ich mich dafür in einen Zug setzen, aber diesmal wollte ich einen Großteil der Strecke mit dem Rad zurücklegen, und dann für den Rest mit dem 9-Euro-Ticket in einen Regionalzug steigen.

Somit stand der Plan: Freitags nach einem verkürzten Arbeitstag losfahren, und Sonntag nachmittag dann in Fulda in einen Regionalzug steigen.
Tag 1
Direkt nach Kernarbeitszeitende um 13 Uhr kaufe ich Verpflegung für die Tour ein (Brot, Aufstrich, Käse, Snacks, Äpfel, Saft), dann geht es nach Hause zum Packen. Für die zwei Nächte brauche ich nicht viel: Zelt, leichter Schlafsack, Isomatte, Kissen. Für das Wochenende sind hohe Temperaturen gemeldet, deswegen brauche ich auch nur wenig Kleidung, aber viel Wasser. Und leider müssen auch zwei Laptops (privat und dienstlich) mit, weil ich mindestens am Montag noch im Home Office arbeiten werde.
Hier zeigt sich dann schon ein erstes Problem mit meiner Fahrradtasche: Das hohe Gewicht der Laptops zieht die Tasche stark nach unten, und fordert die einfache Befestigung schon deutlich. Durch den dünnen Stoff und die fehlende Versteifung wirkt die Tasche auch etwas wackelig, weshalb ich zusätzliche Bänder zur Befestigung nutze. Als zweite Tasche nutze ich einen Packsack, der mit Bändern etwas behelfsmäßig am Gepäckträger befestigt ist.

Gegen 14 Uhr starte ich dann meine Tour. Wirklich geplant habe ich die Route nicht, mein Ziel ist es nur, die ca. 250 km Strecke auf die drei Tage zu verteilen. Meine erste (Halb-) Tagesetappe führt mich durch den Harz, weswegen ich heute "nur" bis Herzberg am Harz kommen möchte, um mir dort ein ruhiges Plätzchen zu suchen. Das sind zwar auch 90 km, aber am ersten Tag bin ich ja auch noch ausgeruht.
Bei der Routenführung habe ich aber schon das erste Problem. Da Apple Maps in Deutschland keine Fahrradrouten bereitstellt, will ich einfach die Fußgängernavigation nutzen, um nicht zu viel auf großen Straßen fahren zu müssen. Leider hält sich Apple hier für zu clever: Sobald ich einige Zeit schneller fahre (20-30 km/h), stellt die Navigation automatisch auf PKW-Routen um. Anscheinend wird angenommen, dass ich kein Fußgänger bin. Dadurch führt mich Maps immer wieder auf große Straßen, einmal will es mich sogar auf eine Autobahn schicken. Ein wenig durchdachtes Feature, dass im schlimmsten Fall richtig gefährlich werden kann.
Nach diesem Ärgernis versuche ich Google Maps, da gibt es immerhin auch Routen für Radfahrer. Allerdings habe ich hier dann das nächste Problem: Mangels Smartphone-Halterung am Rad navigiere ich mit meiner Apple Watch, und die Google Maps Watch App ist leider nicht gelungen. Ohne Kartenübersicht kann ich mich nur nach den Weganweisungen richten, die allerdings viel zu selten aktualisiert werden. So fahre ich teilweise hunderte Meter weit an einer Kreuzung vorbei, weil die Distanz zur Gebabelung nicht richtig angezeigt wird.
Insgesamt ist meine Route also alles andere als effizient, und viele Umwege und Stopps werfen meinen Zeitplan durcheinander. Zudem sind die Strecken im Harz teilweise sehr bergig, und bei Temperaturen von 30°C komme ich nicht nur an Berganstiegen gut ins Schwitzen. Bei Goslar lotst mich die Navigation dann einige Wanderwege entlang, die stets schmäler und steiler werden. Am Ende strample ich auf einem Wanderweg einen Berg hoch, der auch ohne stundenlange Anfahrt anstrengend gewesen wäre. Gegen 20 Uhr bin ich endlich oben angekommen, fast 1000 Höhenmeter liegen insgesamt hinter mir.
So langsam muss ich mich also um ein Schlaflager kümmern, und auf der Abfahrt vom Berg versuche ich, einen guten Spot zu erspähen. Dabei geht es noch auf schönen Wegen durch den Wald, wobei die Abendsonne eine tolle Lichtstimmung erzeugt.

Nach einigen Kilometern werde ich an einem kleinen See (oder einem künstlichen Teich) fündig. Nach einem sehr schönen (aber schmalem) Weg an einem kleinen Wasserlauf entlang komme ich auf eine freie Fläche, an die sich das kleine Gewässer anschließt. Nach einer kurzen Erkundungfahrt am Ufer entscheide ich, heute hier zu nächtigen. Der See ist zwar unweit einer Straße, und auch jetzt noch von einigen Personen besucht, aber ich schätze meine Chancen schlecht ein, heute noch etwas Abgelegeneres zu finden.

Der See besitzt sogar kleine Sandstrände, wodurch ich die Möglichkeit habe, mir zumindest etwas den Schweiß von der Haut zu waschen. Nach einem kleinen Abendessen (Brot und ein Apfel) mache ich mich langsam daran, mein Zelt aufzubauen. Die Abendsonne senkt sich langsam über den See, und die leichten Schleierwolken sorgen für einen tollen Sonnenuntergang, den ich aus dem Zelt heraus sehen kann. Leider war kein Platz für meine gute Kamera, denn auf die Smartphone-Bildern können den Anblick nicht ganz einfangen.

Den Rest des Abends wollte ich eigentlich damit verbringen, etwas zu programmieren, und ein wenig meine Projekte zu dokumentieren, allerdings spüre ich die Erschöpfung des Tages doch deutlich. Mein Körper verlangt auch noch einiges an Verpflegung, und ich snacke noch einiges an Nüssen, und trinke noch viel.
Zum Ausklang des Abends lasse ich noch ein Hörbuch laufen (dieses fantastische Werk), und gehe nochmal kurz ans Wasser, um Zähne zu putzen. Eine Toilette brauche ich noch nicht, und dafür bin ich dankbar. Denn für dieses Problemfeld habe ich noch keine gute Lösung parat.
Auf dem Weg zurück zum Zelt höre ich Stimmen, etwas weiter hat eindeutig auch eine andere Gruppe ihre Zelte aufgeschlagen. Ich hoffe, das mein Schlaf davon nicht gestört wird. Leider habe ich Pech, auch wenn es nicht die Zeltenden sind, die mich etwas länger wach halten. Im Zelt nach Einbruch der Dunkelheit deutlich zwei Stimmen zu vernehmen, als säßen sie wenige Meter entfernt am Ufer. Der Schein trügt allerdings, denn ein Blick aus dem Zelt zeigt, dass die beiden Männer etwa hundert Meter entfernt am anderen Ufer sitzen.
Durch das Hörbuch kann ich das nur teilweise verständliche (und etwas niveaulose) Gespräch ganz gut ausblenden, auch wenn ich noch etwas länger brauche, bis mein angestrengter Körper zur Ruhe findet. Insgesamt wird es dann eine ruhige Nacht.
Tag 2
Tag zwei beginnt gemütlich gegen 7 Uhr. Nach langsamem Aufstehen und den üblichen Morgenritualen habe ich eine Stunde später meine Sachen gepackt, und bin bereit für die nächste Etappe. Mein Weg führt mich zunächst noch einige Höhenmeter bergab, schließlich habe ich gestern Abend einen ordentlichen Berg erklommen. Nach 90 Minuten bin ich in einem kleinen Städtchen, wo ich mich im Supermarkt neu mit Getränken und Snacks eindecke. Wie ich gestern leider feststellen musste, habe ich meinen Geldbeutel auf meinem Schreibtisch liegen lassen. Glücklicherweise kann ich über meine Apple Watch seit einigen Tagen auch kontaktlos bezahlen. Ich muss nur sicherstellen, dass Kartenzahlungen in den Geschäften möglich sind, sonst habe ich ein Problem.
Danach führt mich mein Weg weiter durch kleine Orte, wobei dieser Abschnitt angenehmer ist, und meist über Rad- oder kleine Feldwege führt. Mein Ziel ist es, möglichst lange zu fahren, bevor die Hitze am frühen Nachmittag unerträglich wird, und dann eine längere Pause einzulegen.
Kurz nach Mittag komme ich dann wieder an einem Supermarkt vorbei, wo ich mir etwas Gebäck und noch mehr Wasser besorge. Mein Wasserbedarf ist bereits jetzt hoch, und die heißen Stunden liegen noch vor mir. Langsam steht mir der Sinn nach einer längeren Pause, immerhin habe ich schon fast 60 km geschafft. Per Karte finde ich einen kleinen See wenige Kilometer entfernt, der mein Ort für eine Mittagspause werden soll.
Der Stausee ist etwas größer als erwartet, und durch das heiße Wochenende auch gut besucht. Das an vielen Stellen ausgeschilderte Badeverbot kümmert auch nur die Wenigsten. Auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen fahre ich um den See, wo es stellenweise durch die verwehten Samen einiger Bäume wie eine Schneelandschaft wirkt.

Am anderen Ende des Sees ist es weniger bevölkert, und ich finde verlassene Stelle am Wasser, wo ich eine wohlverdiente Pause machen kann. Im Schatten der Bäume ist es zumindest nicht heiß, und so kann ich mir eine leichte Mahlzeit und einen kleinen Mittagsschlaf gönnen.
Das Wasser des Sees wirkt sauber, auch wenn mein Rastplatz nicht zum Baden geeignet ist. Nach zwei Tagen ohne Dusche und stundenlangem Schwitzen kann ich eine kleine Säuberung (und Abkühlung!) gut gebrauchen.

Gegen 15:30 Uhr breche ich wieder auf. Zwar hat die Hitze noch nicht nachgelassen, aber ich habe auch noch etwas Strecke zu schaffen. An einer besser zugänglichen Stelle des Sees gönne ich mir noch ein kurzes Bad, dann geht’s wieder auf’s Rad.
Leider stelle ich nach wenigen Minuten fest, dass mein Fahrradlicht aus der Halterung gefallen ist. Die von mir gedruckte Fassung hat mir der Zeit leider an Stabilität verloren. Also muss ich ein paar Meter zurück machen, wo ich die Lampe aber problemlos wiederfinde.
Jetzt kann es also weitergehen. Leider führt mich mein Weg nach wenigen Kilometern wieder einen Berg hinauf, der mich bei dieser Hitze fast verzweifeln lässt. Auf halber Hohe muss ich pausieren, und nochmal ordentlich trinken.
Die kurze Pause tut mir aber gut, und im Anschluss wird der Berg auch flacher. Trotzdem dauert es noch eine Weile, bis ich den höchsten Punkt überwunden habe. Nun kann ich zeitweise den Fahrtwind bergab genießen, während schöne Getreidefelder vorbeiziehen.

Bei einer kurzen Pause plane ich den Rest meiner heutigen Route. Die Stadt Heilbad Heiligenstadt ist nicht mehr weit, wo ich mir ein vernünftiges Abendessen im Restaurant gönnen will. Und obwohl ich noch keinen Drang verspüre, wird auch eine Toilette sicher sinnvoll sein. Danach will ich mir in der Nähe der Stadt einen Platz zum Zelten suchen.
Die von mir zunächst ausgesuchte Pizzeria hat leider geschlossen. So besuche ich ein anderes Restaurant, und der dort servierte vegetarische Burger mit guten Pommes ist ein würdiger Ersatz. Auf Alkohol habe ich dazu keine Lust, eine Maracujaschorle passt mir gerade besser.
Die Toiletten suche ich zwar auf, so richtig nutzen kann ich sie aber interessanterweise nicht. Dann muss ich wohl hoffen, das ich es bis morgen im Zug aushalten kann.
Bevor ich mir einen Schlafplatz suche, steht noch ein letzter Besuch im Supermarkt an. Jetzt gilt es für den morgigen Sonntag vorzusorgen. Leider habe ich keinen Platz für ein paar Flaschen Bier, es gäbe hier nämlich ein paar in meiner Sammlung fehlende Kronkorken. Ein paar Limos bringe ich allerdings gerade so noch unter.
Nun muss ich mich aber wirklich auf die Suche nach einem ruhigen Plätzchen machen. Nach einigen Kilometern kann ich eine aussichtsreiche Gegend erahnen, allerdings zwingt es mich mal wieder auf einen kleinen Berg. Ich werde dafür aber mit einem schönen Ausblick belohnt, auch wenn das hohe Gras den Aufbau des Zeltes etwas erschwert.

Am Abend bin ich dann wieder recht erschöpft, die lange Zeit in der Sonne war anstrengend. Und obwohl ich heute schon literweise Wasser getrunken habe, muss ich noch einiges zu mir nehmen. Ansonsten ist der Ausklang des Tages relativ unaufgeregt, und ich bemerke keine Menschenseele in der Umgebung. Nur meine Isomatte lässt sich auf dem leicht abschüssigen Boden nicht ganz horizontal ausrichten, aber dass hält mich nicht weiter vom Schlafen ab.
Tag 3
Der Nächste morgen beginnt relativ warm, da die Morgensonne bereits auf das Zelt scheint. Vielleicht hätte ich doch lieber den angrenzenden Wald als Standort wählen sollen. Aber so gönne ich mir ein kurzes Frühstück, bevor es schon um 8 Uhr weiter geht.
Leider haben die häufigen Umwege und sonstige Verzögerungen dazu geführt, dass ich meine ursprüngliche Planung ändern muss. Anstatt Fulda anzusteuern, wähle ich Bad Hersfeld als näheres Ziel.
Nach wenigen Kilometern darf ich eine schöne lange Abfahrt genießen, wobei sich die Straße durch Wälder und Wiesen schlängelt. Allerdings ist mir schmerzlich bewusst, dass ich die Höhenmeter später wohl wieder vorgesetzt bekomme. An einer Tankstelle im Tal decke ich mich nochmal mit Getränken ein, bevor es wieder langsam bergauf geht. Der Weg verläuft mittlerweile viel über Nebenstraßen und Feldwege, was ganz angenehm ist.
Gegen 10 Uhr komme ich an einen Spielplatz, wo es bequeme Bänke gibt. Dieser Versuchung kann ich nicht widerstehen, und lege hier eine längere Pause mit einem kurzen Schläfchen ein.
Die Mittagshitze macht sich aber bereits breit, und die nächsten Kilometer macht mir die Hitze etwas zu schaffen. Eine Abkühlung wäre mir jetzt recht. Glücklicherweise verläuft ein Bach neben der Straße, und an einem kleinen Rastplatz findet sich ein guter Zugang zum Wasser. An dieser Stelle staut sich der Wasserlauf an einigen Steinen, ein perfekter Ort für ein erstaunlich kühles Bad.

Mit dieser Abkühlung fühlen sich die nächsten Kilometer deutlich angenehmer an, auch weil ich meine Klamotten ordentlich nass gemacht habe. Und so komme ich meinem Ziel stetig näher, bis ich ohne weitere Vorkommnisse gegen 15 Uhr in Bad Hersfeld ankomme.
Leider habe ich den Regionalzug um wenige Minuten verpasst, aber so habe ich wenigstens die Möglichkeit, mir noch die gestern verwehrte Pizza zu gönnen (auch wenn ich vorher versuche, an einen Döner zu kommen, was allerdings mangels Bargeld nicht möglich ist). Dann geht es auch schon zum Zug, der mich bis Schlüchtern bringt. Hier muss ich nochmal 45 Minuten auf meinen Anschluss warten. Weil ich schon wieder Durst habe, und mein Getränkevorrat aufgebraucht ist, fahre ich mit dem Rad bergab in die Stadt, um dort etwas zu trinken zu kaufen. Allerdings finde ich kein Restaurant, Imbiss oder sonstiges Geschäft, wo ich mit Karte zahlen kann. Also darf ich erfolglos wieder den Berg zum Bahnhof hochstrampeln, um mir später im Zug Wasser von der Zugtoilette zu holen.
Wenigstens sind die Züge pünktlich, und so komme ich Abends in Rottendorf an, wo unser Van bereits auf mich wartet. Wenig später bin ich dann erschöpft, aber auch zufrieden mit meiner Leistung bei meinen Eltern an. Insgesamt habe ich mehr als 250 km mit dem Rad zurückgelegt, insbesondere auch angesichts der Höhenmeter und Temperaturen eine ordentliche Leistung.
Auch meine Fahrradtasche hat ihre erste Tour überstanden, allerdings bereits ordentlich gelitten. An einigen Stellen kam der Stoff mit dem Rad und der Kette in Kontakt, und es haben sich größere Risse gebildet. Insgesamt gibt es noch einiges zu verbessern, ein Upgrade ist bereits in Planung.
Für meine nächste Tour will ich schließlich besser gerüstet sein, auch wenn ich noch keine konkreten Pläne für eine neue Strecke habe. Vielleicht wird sich das auch wieder spontan ergeben.