Kilimanjaro
Atemberaubend schön
28. Februar - 7. März 2022

Die Idee zur Besteigung des Kilimanjaro gärte schon eine ganze Weile in uns, war aber durch die Pandemie längere Zeit verschoben worden. Die Planungsunsicherheit angesichts der ständig wechselnden Reisebestimmungen machten die Angelegenheit nicht besser. Als gute Vorbereitung schoben wir deshalb im letzten Jahr noch die Tour des Großvenedigers ein, was ebenfalls ein sehr cooles Erlebnis war. Mit dieser Erfahrung und den sich andeutenden Lockerungen stand der Besteigung des Kilimanjaro nun nicht mehr viel im Weg.
Aber natürlich kann man nicht einfach spontan zu einer solchen Reise aufbrechen, im Vorfeld gibt es einiges zu organisieren.
Vorbereitung
Im Laufe der Reiseplanung stellte sich heraus, dass es doch mehr zu bedenken gab, als ursprünglich angenommen.
Anbieter
Für die Bergtour selbst hatten wir uns zunächst nach einem geeigneten Anbieter umgesehen. Letztlich haben wir uns für den DAV Summit Club entschieden, der die Organisation der einheimischen Bergführer und Träger übernimmt. Das schien uns einerseits eine zuverlässige Wahl zu sein, und vermittelte auch den Eindruck, dass die beschäftigten Träger angemessen bezahlt und gut behandelt werden.
Natürlich spielt auch die gewünschte Route eine große Rolle, weil die meisten Organisationen nur einige der verfügbaren Routen anbieten.
Route
Die meisten Touristen, die den Kilimanjaro erklimmen möchten, tun das über eine geführte Tour mit Trägern, die einen Teil der Ausrüstung tragen, und sich um Zeltaufbau, Verpflegung und sonstige Belange kümmern. Angesichts der Länge der Touren (5-8 Tage) wäre es eine zu große Belastung, alle Ausrüstung und Verpflegung selbst zu tragen. So gibt es dann einige festgelegte Camps und Routen, die von allen Veranstaltern angesteuert werden. Hier ist eine Übersicht unserer Route:

Nach kurzer Überlegung haben wir uns für die Lemosho-Route entschieden. Mit einer Dauer von acht Tagen bietet sie genügend Zeit für die Akklimatisation, was wir angesichts unserer begrenzten Erfahrung mit solchen Höhen als wichtig empfanden. Außerdem ist diese Route eine der weniger stark begangenen, und startet schon unter 2400 m, wodurch man zumindest an den ersten beiden Tagen noch eine etwas grünere Umgebung hat.
Man bewegt sich dann für mehrere Tage auf etwa 4000 m, bevor es in der Nacht zu Tag 7 dann auf die letzte Etappe zum Gipfel geht. Aber dazu später mehr.
Ausrüstung
Natürlich benötigt man für eine längere Tour mit Zelt auch einiges an Ausrüstung, und die Höhe (mit den damit verbundenen Temperaturen) erfordert eine noch bessere Planung. Wir hatten auch das Bedürfnis, möglichst minimalistisch zu packen, um den Trägern nicht unnötig Arbeit zu verschaffen. Das Studium verschiedener online bereitgestellter Packlisten zeigt dann aber deutlich: Es kommt stark auf die persönlichen Bedürfnisse an.
Für mich waren einige neue Anschaffungen nötig: Eine ordentliche Regenjacke in Kombination mit einer Innenjacke mit Wollfüllung, einen Satz Thermo-Unterwäsche und eine leichte und warme Isomatte sind die bedeutendsten Neuanschaffungen. Außerdem habe ich mir noch einen etwas größeren, regenfesten Rucksack gegönnt (mein eigener Rucksack ist noch nicht ganz ausgereift). Außerdem habe ich mir noch eine Thermosflasche bei meinen Eltern geliehen. Der neue Rucksack hat leider keine Seitentaschen für eine Flasche, weshalb ich mir noch eine kleine Zusatztasche schneiderte. Ein bisschen basteln gehört ja auch immer dazu.

Unsere Schlafsäcke sind zwar super, allerdings nicht für die kalten Nächte am Kilimanjaro ausgelegt, weswegen wir uns wärmere Schlafsäcke über den Veranstalter dazu gebucht hatten.
Training
Wir wollten die Tour natürlich auch körperlich fit antreten, deswegen nutzen wir die Wochenenden vor der Reise noch für ausgedehnte Wanderungen, teilweise auch mit etwas Zusatzgepäck. So wurden die schweren Wälzer aus Charlottes Jurastudium doch nochmal genutzt. Dieses Training gab uns zumindest das Gefühl, gut für die Tour gewappnet zu sein. Also auf in den Flieger.
Tag 1: Start der Tour
Nach unserer Ankunft im Hotel am Sonntag nachmittag haben wir gerade genug Zeit, um uns etwas an das warme Klima und das unbekannte Land zu gewöhnen. Die Taxifahrt zum Hotel erlaubt uns schon einen ersten Blick auf den Berg, der majestätisch aus den Wolken ragt, und bereits auf uns zu warten scheint.

Beim Abendessen treffen wir schon einen Großteil der Gruppe (alle deutschsprachig), was uns schonmal ein erstes Kennenlernen ermöglicht. Am frühen Montagmorgen erwartet uns dann ein beängstigend hoch beladener Kleinbus, um uns an den Start unserer Tour zu bringen.

Zunächst muss allerdings das vorhandene Gepäck gesichtet und aufgeteilt werden. Der erste Kommentar des Bergführers zu meinem Rucksack: "Der ist zu schwer". Ich hatte mir vorgenommen, mein Gepäck möglichst selbst zu tragen, weshalb ich mit geschätzten 11 kg unterwegs war. Dafür hatten wir gemeinsam nur einen einzigen Dry Bag an die Träger abzugeben, der (die riesigen Schlafsäcke ausgenommen) das kleinste Gepäckstück der Gruppe ist. Soweit, so bedenklich.
Nachdem Ausrüstung und Personen verstaut sind, beginnt die Fahrt zum Lemosho Trail Head, von wo es dann zu Fuß weiter geht. Eine abenteuerliche Fahrt über staubige Wege und durch dichten Dschungel später erreichen wir unseren Startpunkt am frühen Nachmittag.
Ein erstes Lunch-Paket vor dem Marsch überzeugt auch deshalb nicht, weil "vegetarisch" anscheinend auch Hähnchenschenkel umfasst. Trotz des eher mäßigen Einstiegs war die Verpflegung auf der gesamten Tour aber viel besser als erwartet, und für die Umstände eigentlich zu umfangreich. 2-3 warme Mahlzeiten am Tag fühlt sich bei einer Zelttour irgendwie falsch an.
Nach der Stärkung beginnt der erste Marsch der Tour. Der Pfad schlängelt sich durch dichten, grünen Dschungel, ist aber trotzdem gut ausgebaut und einfach begehbar. In einem angenehmen Tempo bleibt die Wärme gut beherschbar, und es gibt Zeit für Gespräche in der Gruppe. Auf halber Strecke zu unserem heutigen Ziel sind kurz Affen in den Bäumen zu sehen, für ein Foto reicht es aber leider nicht.

Nach kurzer Zeit kommen wir in unserem heutigen Camp an, Mti Mkubwa (2780 m). Zwischen den Bäumen wurden bereits unsere Zelte von den vorausgegangenen Trägern aufgebaut. Der frühe Nachmittag gibt uns genug Zeit für weiteres Kennenlernen der Gruppe bei etwas Popcorn, bevor zum Abendessen gerufen wird. Für die Mahlzeiten wird ein zusätzliches Zelt aufgebaut (und mitgetragen!), und sogar Klappstühle gibt es für jeden. Kein Wunder also, dass die Anzahl der Träger so hoch ist. Abends müssen dann die Klozelte das erste Mal herhalten, aber auch hier ist der Komfort höher als gedacht. Statt den erwarteten Löchern im Boden gibt es eine mobile Toilette, mit Spülung und Klopapier.

Die erste Nacht im Zelt verläuft gut. Das Geräusch des Windes in den Baumkronen hat eine beruhigende Wirkung, auch wenn wir häufiger durch die Stirnlampen der nächtlichen Klogänger geweckt werden. Unsere Isomatten sind erstaunlich bequem, und die geliehenen Schlafsäcke erfüllen ihren Zweck, auch wenn sie für diese Temperaturen noch stark überdimensioniert sind.
Tag 2: Aus dem Dschungel
Der Morgen beginnt mit einer heißen Tasse Tee, die uns ans Zelt gebracht wird, was auch in den folgenden Tagen dann zu einer Art Morgenritual wird. Für mich als Nachtmensch beginnen die Tage eigentlich viel zu früh, aber das gehört zu solchen Wanderungen nunmal dazu.
Unser morgentlicher Weg führt uns langsam aus dem dichten Dschungel in Felder von kopfhohen Sträuchern. Die Hügel der Umgebung erzeugen ein abgeschiedenes Ambiente, während unser Weg sich langsam hindurchschlängelt.

Mit einer stetigen Steigung wandelt sich die Umgebung langsam zu einer Heidelandschaft. Der Weg windet sich aus den Hügeln in eine offene Fläche, die den Blick auf den schneebedeckten Gipfel des Kilimanjaro ermöglicht. Noch schimmert der Berg in einiger Distanz, es liegen noch einige Tagesetappen vor uns. Aber der immer noch hoch über uns liegende Gipfel lässt das Herz schneller schlagen.

Gegen Mittag testen wir ein erstes Mal eine kleine Besonderheit unserer Verpflegung. Um uns nicht ausschließlich mit Schwarztee und Wasser begnügen zu müssen, haben wir mehr als einen Liter Apfelsaftkonzentrat im Gepäck. Im Verhältnis 7:1 ergibt sich daraus köstlicher Bio-Apfelsaft, ein hervorragendes Getränk für ausgedehnte Wanderungen, und wahrscheinlich auch auf zukünftigen Touren ein treuer Begleiter. Dazu gibt es noch kleine Snacks aus unseren Lunchpaketen.
Am frühen Nachmittag kommen wir bereits in Shira 1 an, unserem heutigen Camp (3500 m). Auf einer Ebene an einem kleinen Bach gelegen ist es eines der schöneren Camps der Tour. Bei Sonnenschein und teils kräftigem Wind ist sogar ein kurzes kühles Bad an einer tieferen Stelle des Bachs möglich.
Abends regnet es für wenige Minuten, was am Kilimanjaro scheinbar ein gängiges Phänomen ist, und auch in den folgenden Tagen zuverlässig auftritt. Danach klart der Himmel allerdings wieder auf, und ein schöner Sternenhimmel ist sichtbar. Hier stört nur die Lichverschmutzung durch die Stadt Moshi, die hinter dem Horizont liegt.
Tag 3: Shira 2
Nach einer schon etwas kühleren Nacht beginnt der Tag wie üblich mit einer Tasse Tee, danach gibt es reichlich Frühstück. Von der angeblichen Appetitlosigkeit in der Höhe merke ich nichts, bei der vollumfänglichen Versorgung mit drei täglichen Mahlzeiten und zusätzlichen Snacks mache ich mir eher sorgen, zu viel zu essen.
Gegen 8:30 Uhr beginnt unsere nächste Etappe, diesmal zunächst durch eine Graslandschaft mit vereinzelt verstreuten Felsbrocken. Zwar gibt es hier nicht viel zu sehen, die Abgeschiedenheit der Gegend schafft allerdings eine tolle Atmosphäre zum Wandern. Ich könnte mir durchaus auch eine längere Tour durch eine solche Umgebung vorstellen.

Wir bewegen uns stetig auf eine größere Hügelkette zu, dem Kraterrand des Shira-Vulkans. Gegen Mittag besteigen wir dort den höchsten Punkt, dem Cathedral Point (3850 m), von wo sich ein schöner Blick auf die Savanne ergibt. Auch der Mount Meru lässt sich in der Ferne durch die leichten Wolken erblicken.

Beim Abstieg vom Shira Peak zieht der Himmel langsam zu, und der leichte Wind macht langsam eine Jacke nötig. Nun geht es wieder hinauf in Richtung unseres heutigen Camps, Shira 2. Auf 3900 m Höhe besteht die Umgebung größtenteils nur aus Fels und kleinen Sträuchern. Am Abend kämpft sich die Sonne nochmal durch die Wolkendecke am Horizont ermöglicht einen tollen Blick auf den fernen Mount Meru.

Die exponierte Lage des Camps sorgt bereits für einen kühlen Abend und eine kalte Nacht, was allerdings durch die richtige Ausrüstung und das warme Abendessen gut erträglich bleibt.
Tag 4
Am Morgen folgt wieder der übliche Ablauf: Ein Tee am Zelt, dann anziehen, kurz frisch machen und ab zum Frühstück. Die Porter beginnen währenddessen mit dem Abbau der Zelte. Jeden Tag wird mir mehr bewusst, welch harte Arbeit die Porter für unseren Komfort verrichten. Unsere, für zwei Personen ausreichend geräumigen Zelte werden jeden Tag für uns auf- und abgebaut, und natürlich auch getragen. Gleichzeitig schlafen die Träger dicht an dicht in einem Gemeinschaftszelt, und können angesichts der nächtlichen Kälte kaum schlafen. Von den für uns getragenen Stühlen, der Verpflegung, Toiletten und dem Gemeinschaftzelt mal ganz abgesehen. Und jeder von uns hat sicher Ausrüstung, die das Jahresgehalt jedes Trägers übersteigt.
Man versichert uns zwar, dass die Bezahlung der Träger im Vergleich zum Landesdurchschnitt gut ist, aber trotzdem fühle ich mich teils extrem unwohl, wenn ich als (im Vergleich) reicher Europäer den Afrikanern beim Schuften zusehen muss. Ich bin mir relativ sicher, dass ich in Zukunft lieber Touren machen will, bei denen ich meine Sachen selbst tragen muss.
Der morgentliche Marsch beginnt etwas kühler, der Himmel ist relativ bedeckt. Während wir uns langsam weiter in Richtung Gipfel bewegen, wird die Umgebung zunehmend steinig. Die Graslandschaft dünnt aus, und wird von kleinen Sträuchern und moosbedecken Felsen abgelöst.

Unser Mittagsziel ist der Lava Tower auf 4600 m, eine spitze Felsformation, die von anderen Touren auch als Camp genutzt wird. Wir nutzen die Höhe nur als zusätzliche Akklimatisation, wobei ich auf dieser Höhe keinerlei Einschränkungen spüre. In unserer Gruppe gibt es erste Anzeichen von Kopfschmerzen und verringerter Leistung, aber keine gravierenden Probleme.

Nach einem kurzen Mittagessen der beim Frühstück ausgeteilten Lunchboxen geht es auch schon wieder bergab. Nach einer etwas steileren Wand geht es dann auf langgezogenen Wegen zwischen kleineren Hügeln stetig nach unten in ein Tal, in dem riesige Senezien wachsen.

Der heutige Marsch ist erstmalig etwas fordernder, sowohl durch den Aufstieg zum Lava Tower, als auch durch die relativ lange Gehzeit von über sieben Stunden. Auf dem Weg zum Barranco Camp zeigt sich die Erschöpfung bei einigen Teilnehmern der Gruppe, und auch mein Rucksack fühlt sich langsam schwer an.
Die letzten Meter ins Camp ermöglichen allerdings einen ersten Blick auf unsere nächste Etappe zu, das Erklimmen der Barranco-Wand. Mit über 300 Höhenmetern und direkt am Morgen auch liebevoll "Breakfast Wall" genannt, scheint uns das in unserem aktuellen Zustand fast unmöglich zu sein. Insbesondere in der von den Bergführern versprochenen Stunde.
Ich habe allerdings bereits in den ersten Tagen gemerkt, dass die Zeit-, Distanz- und Höhenangaben der Bergführer und auch der Beschilderung deutlichen Schwankungen unterliegen. Insbesondere die Gehzeiten werden gerne unterschätzt, vielleicht aus Motivationsgründen. Ich stelle mich also bereits gedanklich auf eher zwei Stunden Aufstieg am nächsten Tag ein, und nehme mir vor, nicht ganz so kräftig beim Frühstück zuzugreifen.
Trotz des langen Tagesmarsches bleibt uns noch einige Zeit bis zum Abendessen, was ich für eine kleine Waschung nutzen möchte. Schließlich kommt auch die Merinowäsche irgendwann an ihre geruchsminderenden Grenzen. Ich versuche, die Träger nach einer nahe gelegenen Waschmöglichkeit zu fragen, finde mich aber (den von mir verstandenen Angaben folgend) direkt knöcheltief in einem Schlammloch wieder. Eine zweite Stelle am nahe gelegenen Wasserlauf erweist sich da als bessere Wahl, zumindest für eine kurze Wäsche, wenn auch kein Bad.
Tag 5
Mittlerweile werden die Nächte doch etwas kälter. Zwar mit den dicken Schlafsäcken für mich noch bei weitem nicht problematisch, der für mich typische nächtliche Klogang kostet in Unterwäsche aber langsam etwas Überwindung. Das Frühstück fällt (völlig überraschend) doch ausgiebiger aus, und so beginne ich gut gestärkt mit meiner Gruppe den morgentlichen Anstieg. Hier wird es technisch erstmals etwas fordernd. Der Weg windet sich die steile Wand nach oben, an einigen Stellen wird leicht geklettert. Teilweise wäre das in den Alpen vielleicht ein einfacher Klettersteig geworden.

Auch das hindert aber die Träger nicht, sich mit ihren Säcken auf dem Rücken an uns vorbei zu zwängen. Vielleicht war die angegebene Zeit von einer Stunde ja auch für die Träger gedacht, wir brauchen jedenfalls 1:45 bis zum höchsten Punkt (4220 m), an dem wir eine kleine Mittagsspause einlegen. Aus unserem noch immer vollen Vorrat an Snacks verteilen wir etwas an die Guides. Manche haben noch nie Datteln gegessen.
Nachdem noch einige Mitglieder unserer Gruppe die obligatorischen Sprünge auf Fotos für die Ewigkeit festhalten, begeben wir uns schon wieder auf den Weg nach unten. Unser nächstes Ziel ist das Karanga Camp auf 4050 m, wofür wir noch etwa zwei Stunden unterwegs sind.

Unser Pfad führt uns noch über einen kleinen Hügel, bevor wir noch durch ein weiteres Tal müssen. Der gemütliche Marsch gibt wieder einmal die Zeit, mit unseren Weggefährten zu quatschen. Im Laufe der Tour gab es doch schon teil erstaunlich tiefgängige Gespräche über die verschiedensten Themen. So vergeht die Zeit auf den Etappen meist recht schnell, und wir stellen teilweise mit etwas Erstaunen fest, wie lange wir bereits völlig von der Außenwelt abgeschnitten sind. Insbesondere der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der seit einer Woche in vollem Gange ist, geht zu diesem Zeitpunkt völlig an uns vorüber.
Diese Abgeschiedenheit ist natürlich einer der Reize solcher Unternehmungen, und schafft viel Zeit für Gespräche, entspannte Abende, und neue Impressionen. Trotzdem vergeht die Zeit recht schnell, und mit leichter Anspannung und einer ordentlichen Portion Vorfreude wird mir klar, dass in der morgigen Nacht bereits die Gipfeletappe beginnt.
Vorher dürfen wir uns im Barranco Camp noch über den Anblick des nun deutlich näher gekommenen Gipfels freuen, der am frühen Abend aus dem zeitweise vorhandenen Nebel auftaucht.

Während es auf unserer Höhe aufklart, zieht sich am Fuß des Berges ein Gewitter zusammen. In der Abenddämmerung wandert die Wolkenfront langsam in Richtung der Stadt Moshi, die sich direkt unter uns ausbreitet. Die durch Blitze erhellten Wolken sind ein tolles Naturschauspiel, und die perfekte Gelegenheit, das eigens für die Reise gekaufte Mini-Stativ zu testen. Den Wunsch, ein Gewitter zu fotografieren hatte ich schon lange, wer hätte gedacht, dass sich hier die Möglichkeit bietet? Auch wenn mein 24 mm Objektiv die fernen Blitze nur begrenzt einfangen kann, so ist es doch auch mit bloßem Auge ein toller Anblick.

Die klare Nacht und die nun im Rücken liegende Stadt ermöglichen auch einige schöne Bilder des Gipfels. Leider befindet sich das Zentrum der Milchstraße aktuell genau auf der gegenüberliegenden Seite der Erde, sodass unsere Galaxie nur schwach zu erkennen ist. Aber auch die teils noch beleuchteten Zelte vor dem Gipfel sind ein stimmungsvolles (wenn auch etwas häufig fotografiertes) Motiv.

Das Karanga Camp liegt relativ exponiert auf dem Bergrücken, und so wird es mit der schwindenden Sonne windig und kalt. In dieser Nacht ziehe ich es vor, in Funktionsunterwäsche zu schlafen. Die dicken und engen Schlafsäcke sind nicht zum Kuscheln geeignet, und so muss sich Charlotte größtenteils alleine warmhalten. Glücklicherweise haben wir bisher ein gutes Händchen bezüglich unserer Ausrüstung bewiesen, und trotz unserer minimalistischen Auswahl noch nichts essentielles vermisst. Einzig die von ihr neu gekaufte Thermoskanne erweist sich als Reinfall, und kann ihren Inhalt nicht warmhalten. So kann sie nur als behelfsmäßige Wärmflasche im Schlafsack dienen. Für die morgige Gipfeltour müssen wir uns einen Ersatz organisieren.
Tag 6
Der Tag startet mit einem wunderbar klaren Morgen, in der Ferne erhebt sich der Meru mächtig über den Wolken. Beim üblichen Morgenritual mit einer kurzen Waschung und Zähneputzen am bereitgestellten Eimer mit warmem Wasser macht sich bei mir schon eine gewisse Anspannung und Vorfreude breit, wenn ich daran denke, dass es vermutlich der letzte richtige Schlaf vor dem Gipfel war. Vielleicht schmeckt auch deshalb die frische Ananas beim Frühstück besonders gut.
Unser heutiger Marsch ist eine der kürzeren Etappen, schließlich wollen wir beim Push zum Gipfel nicht schon völlig erschöpft sein. Und so begeben wir uns über steinige Wege langsam in Richtung Barafu Camp.

Der sonnige Morgen weicht langsam einem bewölkten Mittag, und es wird windig und kälter. Ich hoffe fast, dass es einmal ordentlich regnet, schließlich wurde mein neuer Rucksack und die sonstige Regenausrüstung bei dieser Tour noch nicht wirklich getestet. Für's erste bleibt es aber trocken.
Während des Gehens wird mir wieder bewusst, wie lange wir bereits von der Außenwelt abgeschnitten sind. Mein Smartphone nutze ich nur für gelegentliche Bilder, und um mich an meinen Sportstatistiken der letzten Tage zu erfreuen.
In Sichtweite des Camps geht der zwischenzeitlich aufgezogene Nebel dann in Schnee über. Auf mittlerweile 4600 m werden noch kurz einige Fotos an dem auch hier existierenden Schild des Camps gemacht, bevor es erstmal ins (natürlich bereits aufgebaute) Zelt geht.

Die Ankunft am frühen Nachmittag gibt uns viel Zeit zur Entspannung und Vorbereitung auf die Gipfelnacht. Es gibt einige Diskussionen über die passende Kleidung und die benötigte Ausrüstung.
Die Zeit bis zum Abendessen vergeht schneller als gedacht. Da greife ich nochmal ordentlich zu, schließlich will ich später genug Energie haben. Danach geben wir unsere Trinkblasen und Thermosflaschen zur Befüllung ab, und versuchen nochmal ein bisschen zu schlafen. Das klappt für mich nur bedingt, und ich höre für einige Zeit Hörbuch, wobei ich kurz eindöse. Richtig Schlaf will sich aber nicht einstellen.
Dann ist es auch schon Zeit, sich auszurüsten. Für mich bedeutet das: Funktionswäsche, Wanderhose, Wolljacke, und Regenjacke. Dazu dann noch meine Liner-Handschuhe und eine Mütze. Der Bergführer empfiehlt uns, noch nicht alle Lagen anzuziehen, da wir sonst zu Beginn ins Schwitzen kommen würden. Das stellte sich für mich als schlechter Ratschlag heraus, aber dazu später mehr. Dann gilt es noch, unsere Getränke in die fast leeren Rucksäcke zu packen, und einen letzten Check der Ausrüstung durchzuführen. Dann geht es raus aus dem Zelt, um Punkt Mitternacht soll es losgehen.
Tag 7: Uhuru Peak
Leider können wir nicht pünktlich starten, da ein Mitglied unserer Gruppe nicht fertig gepackt hat. Das Warten in der Kälte nervt einen Großteil unserer Truppe, schließlich wurden wir mehrmals auf Pünktlichkeit eingeschworen. Auch mir wird langsam kalt, und ich möchte mich bewegen, um wieder warm zu werden. Eine genaue Temperatur lässt sich mangels Thermometer nicht bestimmen, ich würde es aber auf ca. -10 °C schätzen, was den leichten Wind nicht berücksichtigt.
Mit 15 Minuten Verspätung können wir dann endlich aufbrechen, und bewegen uns in gemächlichem Tempo auf dem Pfad in Richtung des in der Dunkelheit kaum erkennbaren Gipfels. Vor uns sind in einiger Entfernung die Stirnlampen weiterer Gruppen zu erkennen, die das gleiche Ziel besitzen.
Wir bewegen uns im Schneckentempo voran (im Schnitt 40 Minuten pro Kilometer, also 1,5 km/h), scheinen aber trotzdem auf andere Gruppen aufzuschließen. Leider ist der Pfad zu schmall für Überholmanöver, und so trotten wir meist hinter einer anderen Truppe her.
In dieser Phase sind mir die Pausen zu häufig, weil ich selbst durch die Bewegung nicht warm geworden bin, und mich die Pausen zusätzlich auskühlen. Die Anstrengung ist durch das langsame Tempo gering, obwohl ich bereits merke, dass ich während der Pausen geistig wieder etwas klarer werde. Die dünne Luft macht sich also langsam bemerkbar.
Die Bergführer bemühen sich, uns während des drögen Marsches etwas bei Laune zu halten, es werden ständig Lieder angestimmt. Mir geht das nach kurzer Zeit eher auf die Nerven, ein stiller Marsch wäre mir aktuell lieber.
Die Kälte dringt langsam durch meine (wenigen) Lagen, insbesondere sind meine Hände gefühlt seit Stunden kalt. Nur von der Hüfte abwärts fühle ich mich wohl. In einer Pause ziehe ich mir noch meinen Pulli unter, schwitzen scheint mir vorerst keine Gefahr zu sein. Auch die Überhandschuhe kommen zum Einsatz, was meinen kalten Händen aber auch nicht viel hilft.
Nach meiner Uhr sind es noch Stunden bis zum Gipfel, und ich versuche zu raten, wann wohl die Sonne ihre ersten wärmenden Strahlen zu uns sendet. Noch ist kein Anzeichen des Sonnenaufgangs zu sehen. Hier stelle ich dann auch fest, dass mir die Höhe schleichend die geistige Leistungsfähigkeit raubt. Überlegungen dauern länger, und meine Konzentration wird schlechter. Die Pausen sind bald eine willkommene Möglichkeit, geistig wieder etwas klarer zu werden.
Die wichtigen Aspekte habe ich aber noch im Kopf, und ich bemühe mich, regelmäßig zu essen und zu trinken. Ich bin extrem froh über das Apfelsaftkonzentrat, was meinen Wasservorrat viel schmackhafter macht. Fleißig puste ich nach dem Trinken in mein Mundstück, um zu verhindern, das der Saft im Trinkschlauch gefriert. Auf Dauer wird aber auch das nicht verhindern können, dass das Wasser gefriert.
Während des Laufens macht sich langsam noch ein weiteres Problem bemerkbar: Ich bekomme Blähungen. Weil das bei körperlicher Anstrengung und gleichzeitigem Essen schon mal passieren kann, denke ich mir nichts dabei. Ich hoffe nur, dass meinem Hintermann (Frau?) nichts auffällt, aber so richtig will mich das gerade auch nicht kümmern.
Nach etwa fünf Stunden befinden wir uns auf 5600 m, und endlich deutet sich am Horizont langsam die Sonne an. Und wie! Ein unwirklich anmutender roter Schimmer breitet sich über den fernen Bergen an, wie ich es noch nie gesehen habe. Meine Leiden sind für einen Moment nebensächlich.

Die bittere Kälte holt mich aber schnell wieder ein, während ich kurz mit Blick auf die ersehnte Sonne verschnaufen kann. Langsam beginne ich auch, mich um meine Verdauung zu sorgen, schließlich gibt es hier weit und breit keine Toilette. Und der Weg zurück ins Camp wird noch Stunden dauern. Das wird eng.
Ich habe aber aktuell mit einem anderen Problem zu kämpfen. Der Sauerstoffmangel wirkt sich langsam auf meinen Gleichgewichtssinn aus, und ich beginne, während des Laufens wie ein Betrunkener zu torkeln. Mir ist zwar bewusst, dass die Ausfallschritte und Ausgleichsbewegungen mich zusätzlich anstrengen und erschöpfen, aber ich kann es trotzdem nicht abstellen. Aber noch mache ich mir keine Sorgen zu stürzen, zumindest rede ich mir das ein. Charlotte macht sich hinter mir schon mehr Sorgen, manchmal spüre ich auch eine stützende Hand im Rücken. Ihr scheint es ganz gut zu gehen, also konzentriere ich mich wieder auf meine eigenen Probleme. Während die Sonne unschuldig den Gipfel vor uns beleuchtet, ist mein Blick auf meine Füße gerichtet. Kälte, Müdigkeit, Anstrengung und Verdauungsprobleme werden mich nicht daran hindern, diesen bescheuerten Berg zu erklimmen. Ich werde einfach einen Fuß vor den anderen setzen, bis ich am Gipfelschild anstoße.
In meinem Delirium bekomme ich nur langsam mit, dass wir anscheinend anhalten. Irgendwas ist wohl los, aber es dauert einige Zeit, bis ich verstehe, dass wir am Stella Point angekommen sind. Die kurze Pause bringt mich geistig wieder einigermaßen zurück, doch ein anderes Problem lässt sich nicht länger ignorieren. Ich muss ein Geschäft erledigen. Mit einer Rolle Klopapier klettere ich über Steinhaufen soweit außer Sicht, wie ich noch kann, und tue, was sich nicht mehr verhindern lässt.
Nun fühle ich mich deutlich besser. Die kurze Pause und die ungünstige Situation haben mich wieder aufgeweckt, und die Sonne verspricht langsam etwas Wärme. Mit einer Pille gegen Durchfall fühle ich mich fit genug, um das letzte Stück zum Gipfel zu schaffen. Schließlich geht es von hier an nur noch am Kraterrand entlang.

Und jetzt ist die Atmosphäre einfach traumhaft. Die Sonne bescheint den Gipfel, und der Himmel ist fast unnatürlich blau. In der Ferne erhebt sich der Meru aus dem Wolkenmeer. Gemeinsam laufen Charlotte und ich die letzten Meter zum Gipfel, während zu unserer Linken die Wand des Gletschers zu sehen ist.

Endlich angekommen. Nach fast sieben Stunden Aufstieg haben wir es geschafft, zumindest die meisten. In dem Wirrwarr an Umarmungen, Fotos, und Glückwünschen kann ich noch nicht sagen, wer eigentlich fehlt.

Es gibt aber auch erstmal wichtigere Dinge. Es ist Zeit, einen Gipfelschnaps zu trinken. Schließlich habe ich nicht ohne Grund über die gesamte Tour einen Flachmann mit Haselnuss-Schaps mitgetragen. Das Ritual am Gipfel hatten wir auf unserer Tour des Großvenedigers aufgegriffen, und ich wollte es hier fortführen.
Der Flachmann wandert durch unsere Reihen, und auch einige Bergführer genehmigen sich einen Schluck. Ich glaube ich gönne mir zwei. Sicher keine sinnvolle Idee in meinem Zustand, aber manche Dinge will ich mir erlauben.

Leider sind meine Hände immer noch so kalt, dass ich keine Bilder mit meiner Kamera machen möchte, ich behalte lieber meine Handschuhe an. Deswegen muss ich hier auf die Bilder zurückgreifen, die mit Marcus' Kamera gemacht wurden.

Nach etwa 20 Minuten am Gipfel wird es auch schon wieder Zeit, den Rückweg anzutreten. Die Euphorie des Gipfels kann nicht darüber hinweg täuschen, dass es auch hier noch ordentlich kalt ist.
Tag 7: Abstieg vom Gipfel
Der Weg zurück zu Stella Point ist relativ flach, und in kurzer Zeit geschafft. Ab hier geht es allerdings steiler bergab, und das ständige Arbeiten gegen die Schwerkraft empfinde ich als extrem ermüdend. Während ich mich auf dem Krater noch vergleichsweise gut gefühlt hatte, habe ich jetzt wieder mit Gleichgewichtsproblemen und Erschöpfung zu kämpfen.
Der Weg abwärts ist ab Stella Point ein anderer, und besteht weniger aus dem gut begehbaren, felsigen Untergrund des Aufstiegs, und mehr aus Schotter und Geröll. Der unsichere Grund sorgt bei mir für zusätzliche Erschöpfung, und ich bin erstmals froh, zumindest einen Wanderstock mitgenommen zu haben.
Unser Abstieg ist für mich zu schnell, ich gerate immer mehr an meine Leistungsgrenze. Nach einiger Zeit brauche ich dringend eine Verschnaufpause, und setze mich hin. Anscheinend mache ich einen schlimmen Eindruck, den die Bergführer und Charlotte sind sehr besorgt um mich, soweit ich das in meinem Zustand noch mitbekomme. Man versorgt mich zunächst mit etwas Essen und Trinken, bevor mich dann zwei Berführer links und rechts stützen, und quasi bergab zerren.
Dieser Teil des Abstiegs bleibt mir nur begrenzt in Erinnerung. Charlotte gibt mir ihren Hut gegen die mittlerweile sengende Sonne, und wir halten ab und an, um mich weiter zu versorgen. Ich fühle mich teils wie betrunken, was sich auch darin äußert, dass ich teilweise viel Redebedarf habe. Andererseits bin ich etwas in meinem Stolz gekränkt, so viel Unterstützung zu benötigen, wobei ich auch nicht die Kraft habe, mich ernsthaft um Eigenständigkeit zu bemühen.
Eingeklemmt zwischen meinen beiden Helfern hetzen wir bergab, und überholen dabei einige Mitglieder unserer Gruppe, die alle sehr besorgt wirken. Wirklich besorgniserregend finde ich meine Situation eigentlich nicht, auch wenn das alles sicher hätte besser laufen können.
Nach einiger Zeit erreichen wir wieder den steinigeren, weniger steilen Teil der Strecke. Das Camp ist bereits in sichtweite, allerdings macht sich mein Durchfall recht schnell wieder bemerkbar. Während ich anfänglich noch die Hoffnung habe, es bis ins Camp aushalten zu können, so muss ich mir doch schnell eingestehen, dass ein zweiter Klogang unausweichlich wird. Hinter einer Erhöhung, die mich zumindest etwas vor neugierigen Blicken aus Richtung der restlichen Gruppe schützt, muss ich dann auch schon abbiegen. Und keine Sekunde zu früh. Ich kann mir sicherlich Schöneres vorstellen, als mich hier unbequem zwischen Steinen kauernd zu entleeren, während mir die Freundin besorgt zusieht, aber es gibt keine anderen Optionen.
Jetzt geht es mir allerdings wieder deutlich besser, und der restliche Weg zurück ins Camp ist deutlich weniger beschwerlich, und meine Helfer lassen mich auch wieder etwas mehr auf eigenen Füßen stehen.

Zurück im Camp bekomme ich etwas Limonade, und dann nehme zum zweiten Mal in meinem Leben eine Schmerztablette. Dann darf/muss ich mich erstmal ablegen, um wieder etwas zu Kräften zu kommen. In meiner leichten Verwirrung befürchte ich, dass wir viel zu spät dran sind, und dringend weiter müssen, um zum Mweka Camp abzusteigen. Aber tatsächlich waren wir deutlich schneller als der Rest der Gruppe, abgesehen von Gero, der bereits an Stella Point umgekehrt ist. Als Doktor kann er mich auch kurz untersuchen, mehr als etwas Ruhe scheine ich aber nicht zu bedürfen.
Nach einem kurzen Schlaf sind auch die Anderen wieder zurück, und es gibt ein Mittagessen im Gemeinschaftszelt. Ich fühle mich schon wieder relativ gut, wenn auch noch etwas geschwächt. Aber nichts, was etwas Verpflegung nicht beheben kann. Deswegen störe ich mich etwas daran, dass unser Berführer Barakka mich komplett vom Berg absteigen lassen will. Einerseits schaffen wir das zeitlich heute nicht mehr, weil der Weg zu weit ist, andererseits empfinde ich es auch als unnötig.
Und so wird beschlossen, dass ich die Tour normal fortsetzen soll, und wir den Plan nur ändern, falls sich mein Zustand nochmal verschlechtern sollte.
Tag 7: Abstieg zum Mweka Camp
Nach dem Essen packen wir unsere Sachen, dann geht es weiter bergab, um unser letzes Camp der Tour zu erreichen. Mweka ist weniger als zwei Stunden entfernt, im Vergleich also ein Spaziergang. Ich fühle mich auch wieder völlig normal, eine erstaunliche Verbesserung gegenüber meines Zustands vor wenigen Stunden. Nach kurzer Überzeugungsarbeit darf ich auch meinen Rucksack selbst tragen, und fülle mich wieder wie ein vollwertiges Mitglied der Gruppe.
Das Camp erreichen wir ohne Mühe. Schön gelegen zwischen kleinen Bäumen, ist der Anblick eine willkommene Abwechslung zu den tristen Camps der letzten Tage. Es gibt nochmal ein gutes Abendessen, und es werden einige Erfahrungen der Gipfelbesteigung ausgetauscht. Auch Heiko ist wieder unter uns, er war nach seiner Umkehr in der Nacht direkt bis ins Camp abgestiegen.
Somit steht die Statistik: Von den 10 Teilnehmern waren 8 am Gipfel, die Frauen haben sogar eine Erfolgsquote von 100%. Das ist in jedem Fall überdurchschnittlich gut für den Kilimanjaro. Wobei ich mir persönlich gewünscht hätte, den Gipfel in besserer Verfassung zu erreichen (und aus eigener Kraft abzusteigen).
Unsere Runde währt allerdings heute nicht lange, schließlich haben wir alle in der letzen Nacht kaum oder gar nicht geschlafen. Mit etwas Wehmut wird mir bewusst, dass wir heute bereits die letzte Nacht im Zelt verbringen. Morgen geht es zurück in die Zivilisation. Ich bin mir nicht sicher, ob ich schon wieder bereit dafür bin.
Tag 8: Letzte Etappe
Auch der letzte Tag begrüßt uns wieder mit gutem Wetter. Insgesamt hätten die Bedingungen für unsere Tour kaum besser sein können. Ein letztes Mal wird sich an den Eimern provisorisch gewaschen, und ein letztes Mal packen wir unsere sieben Sachen.
Der letzte Marsch ist sehr angenehm und entspannt, schließlich müssen wir nur bergab. Über gut ausgebaute Wege geht es ins Tal, während die Vegetation um uns wieder deutlich grüner wird.

Das letzte Stück des Weges führt uns wieder durch dichten Dschungel, bis wir schließlich an einer Station am Ausgang des Parks ankommen. Insgesamt fühlt sich diese Etappe sehr kurz an, und während noch Fotos vom letzten Hinweisschild gemacht werden, kann ich noch gar nicht richtig glauben, dass unser Weg hier endet.

An der Station müssen wir noch eine Weile auf den Rest der Gruppe warten, die sich stark verstreut hat. Hier gibt es allerdings einen Kiosk mit Bier, wodurch uns das Warten sehr angenehm gemacht wird. Auch der Rest des Gipfelschnaps findet Abnehmer.
Als unsere Gruppe dann vollständig ist, geht es mit dem wieder völlig überladenen Kleinbus zurück nach Moshi, zur Zentrale des Veranstalters. Dort soll es noch eine "Party" geben.
Hier wird dann wieder der Wohlstandsunterschied zwischen uns und den Trägern unangenehm deutlich, die alle an der Gartenparty teilnehmen. Während wir wieder in Stühlen sitzen dürfen, machen sie es sich auf dem Boden gemütlich. Dann folgt noch das Sammeln des Trinkgelds, auch irgendwie unangenehm. Und zu guter letzt werden noch für uns entbehrliche Klamotten und anderes Equipment gesammelt, was dann unter den Trägern verteilt wird.
Es gibt aber auch noch eine Mahlzeit (für alle gleich), und dann noch eine schöne Zeremonie mit Überreichen von Urkunden. Dabei singen die Einheimischen ausgelassen uns unverständliche Lieder, es sieht aber zumindest nach ehrlicher Freude aus.

Außerdem wird uns "Bananenbier" vorgesetzt, von dem uns die letzten Tage bereits erzählt wurde. Dem so vielversprechend klingenden Namen wird es allerdings nicht gerecht, ich kann nicht mal meinen Becher austrinken.
So richtig Stimmung will in unserer Gruppe aber nicht aufkommen, und so löst sich das Event schnell auf. Noch am Nachmittag kommen wir zurück ins Hotel, wo es nach einer ordentlichen Dusche erstmal in den Pool geht. Eine Aktivität steht dann aber noch auf der Liste: Unserer Bergführer Hans holt uns nach dem Abendessen ab, um nochmal mit uns feiern zu gehen (nachdem wir in länger dazu drängen mussten).
Das wird dann auch ein sehr amüsanter (und skurriler) Abend. In einer Bar, in der wir die einzigen Ausländer sind, machen wir mit den Einheimischen Party. Die Preise sind für uns natürlich dankbar, und so wird es für alle ein feucht-fröhlicher Abend. Und hier fühlt es sich zum Glück wieder so an, als würde man den Einwohnern eher auf Augenhöhe begegnen.
Weil wir für den nächsten Tag noch keine Pläne haben, verabreden wir noch, in einer kleinen Gruppe zu den heißen Quellen zu fahren, die eine längere Autofahrt von Moshi entfernt liegen.
Auch das wird nochmal ein besonderes Erlebnis. Obwohl unsere finanziellen Mittel den Ausflug ermöglichen, wird das eher zur Nebensache. Wir bringen einigen der Locals die Grundzüge des Schwimmens bei, essen zusammen und haben einfach einen entspannten Tag. Ein schöner Ausklang dieses Reiseabschnitts, schließlich geht es am nächsten Tag nach Arusha für den Rest unseres Tansania-Urlaubs.
Die Tour des Kilimanjaro, und auch die sonstigen Erlebnisse mit den Guides, waren auf jeden Fall eine einmalige Erfahrung. Auch wenn ich mir persönlich gewünscht hätte, in besserer Verfassung auf den Gipfel (und wieder hinunter) zu kommen, so war es doch ein insgesamt extrem schönes und interessantes Erlebnis. Und wir haben definitiv auch viel gelernt, was uns für zukünfige Touren nützlich sein wird. Für mich hat es auf jeden Fall auch den Wunsch geweckt, nochmal auf über 6000 m aufzusteigen. Und natürlich die Tradition des Gipfelschnaps fortzuführen.